Therapievereinfachung/Deeskalation: riskant oder schonend?

Eine HIV-Therapie muss langfristig eingenommen werden. Deshalb sind besonders schonende und nebenwirkungsarme Regime wünschenswert, nicht nur, um medikamentenbedingte Organschäden klein zu halten, sondern auch, um eine langfristig hohe Lebensqualität zu erhalten. Kann man heutzutage bereits die Anzahl der einzunehmenden Substanzen senken? In welchen Fällen ist es möglich, auf einzelne Medikamente (Deeskalation) zu verzichten? Wie kann dies sicher und mit möglichst geringer Gefahr für die Patientinnen und Patienten bewerkstelligt werden? Oder besteht die Lösung in einer exakt auf das individuelle Risikoprofil der jeweiligen Patientinnen und Patienten abgestimmten Medikamentenkombination?

(Zusammenfassung der Kontroverse 4: Bernd Vielhaber)

  • Die Referenten waren PD Dr. Keikawus Arastéh, Auguste-Viktoria-Klinikum, Berlin, und Dr. Christoph Stephan, HIVCENTER der Universitätsklinik Frankfurt.

  • Eine Reduktion in der Anzahl der Dosierungen, der Anzahl Tabletten und der Anzahl der Medikamente führt zu einer höheren Therapietreue, zu höherem Komfort und zu einer höheren Lebensqualität. Darüber hinaus senkt eine Reduktion die Kosten der HIV-Therapie. Da wir heute über eine Therapiedauer von dreißig Jahren und mehr reden, sind diese Faktoren von besonderer Bedeutung.

    Voraussetzung für eine Therapievereinfachung ist: Sie darf nicht zu schlechterer Verträglichkeit oder Verlust der Wirksamkeit führen!

    Wenn in der vereinfachten Therapie andere Medikamentenklassen oder Medikamente mit einer hohen genetischen Barriere gegen Resistenzen eingesetzt werden, dann besteht in der Regel bei fehlendem Ansprechen noch die Option auf die vorherige Therapie. Unter genetischer Barriere versteht man die Anzahl an Mutationen die zur Resistenzbildung in Abhängigkeit von der Zeit notwendig sind.

    Nebenwirkungen werden uns in der Langzeittherapie über mehr als dreißig Jahre beschäftigen. Bei einer stetig alternden HIV-Kohorte ist mit Organschäden als Folge der Therapie zu rechnen. Die Anforderungen an die ART der Zukunft ist, internistisch anspruchsvolle Patientinnen und Patienten nebenwirkungsarm behandeln.

    Aus bisher unmöglicher Heilung folgt die Pflicht, alternative Therapiestrategien zu erforschen.

    Dr. Christoph Stephan führt als Argument eine Studie an, die zeigte, dass die Therapietreue umgekehrt zur Zahl täglicher Dosierungen korreliert (also: je höher die Tablettenzahl desto niedriger die Therapietreue). Leider haben aber die FDCs (Medikamentenkombinationen, in denen in eine, einmal täglich einzunehmende Tablette drei Substanzen mit fester Dosierung zusammengebaut sind, sogenannte Fixed Dose Combinations) insbesondere Atripla®, Begrenzungen. Gerade Atripla® führt auch nach längerer Einnahme (noch) zu erheblichen Nebenwirkungen, die bei etwa 20 % der Patientinnen und Patienten, die Atripla® einnehmen, zu einer Therapieumstellung führen (wobei bei guten 70 % die neurologischen oder psychischen Nebenwirkungen der Grund für die Umstellung sind).

    Als Argument dafür, dass eine Therapievereinfachung erfolgreich möglich ist, führte Dr. Christoph Stephan die Monet-Studie an, in der über 144 Wochen an einem Kollektiv von 256 Patientinnen und Patienten eine Therapieumstellung auf die Kombination geboostetes Prezista® plus Truvada® gegen nur geboostetes Prezista® untersucht wurde. Vor der Therapieumstellung mussten die Viruslasten der Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten unter der Nachweisgrenze gelegen haben, sie durften vorher kein Prezista® genommen haben und sie durften kein Therapieversagen hinter sich haben.

    Als weiteres Argument führte Dr. Stephan die Progress-Studie an, in der über 96 Wochen an einem vorher antiretroviral nicht behandelten Kollektiv von 206 Patientinnen und Patienten die (zweifache) Medikamentenkombination Kaletra® plus Isentress® mit der (klassischen dreifachen) Medikamentenkombination Kaletra® plus Truvada® verglichen wurde.

    Allerdings scheint das nicht mit allen Kombinationen zu gehen. Die Phase II-Studie 1078 vergleicht bei 120 Patientinnen und Patienten über 96 Wochen die Zweifachkombi Celsentri® plus geboostetes Reyataz® mit der Dreifachkombi geboostetes Reyataz® plus Truvada®. Hier zeigte sich, dass die Zweifachkombi der Dreifachkombi unterlegen ist. Nichts desto trotz wird diese Kombination in einer größeren Phase-III-Studie untersucht werden.

    Dr. Christoph Stephan, HIVCENTER der Universitätsklinik Frankfurt

  • Das Erbgut des HI-Virus besteht aus ungefähr 10.000 Basenpaaren. In einem unbehandelten HIV-Positiven entstehen etwa 10.000.000.000 Virus-Kopien pro Tag. Dabei kommt es zu ungefähr einer Mutation pro 30.000 Basenpaare, also eine Mutation pro drei Virus-Kopien. Das heißt, dass vor Therapiebeginn bereits jede denkbare Punktmutation bei allen Patientinnen und Patienten vorhanden ist. Manche Punktmutationen führen zu Medikamentenunempfindlichkeit (Resistenz). Manche Resistenzen erfordern mehrere gleichzeitige oder in bestimmten Reihenfolgen aufeinanderfolgende Punktmutationen. Medikamente, die ihre Wirksamkeit bereits nach einer Punktmutation verlieren, werden als Medikamente mit einer niedrigen genetischen Barriere bezeichnet. Medikamente, die ihre Wirksamkeit erst nach etlichen gleichzeitigen oder aufeinanderfolgenden Mutationen verlieren, werden als Medikamente mit einer hohen genetischen Barriere bezeichnet.

    (Die Wahrscheinlichkeit, dass es HIV gelingt, vor Beginn einer Therapie gegen alle Medikamente in einer Dreifachkombinationstherapie Resistenzen zu entwickeln, ist ausgesprochen gering. Die Wahrscheinlichkeit nimmt mit zunehmender Mutationszahl ab, die das Virus benötigt, um entsprechende Resistenzen zu entwickeln. Es gilt aber, dass jedes erfolgreiche Therapieregime als Gesamtkonzept eine hohe Resistenzbarriere mit einer Schwelle von mindestens drei Mutationen braucht. Das ist mit einer Dreifachkombination möglich.)

    Für das Konzept einer Therapievereinfachung kommen also nur Medikamente mit einer hohen genetischen Barriere infrage. Schaut man sich nun die genetischen Barrieren der verfügbaren Medikamente an, fallen sofort die Medikamente Epivir®, Emtriva®, Viread®, Ziagen®, Truvada®, Kivexa®, Sustiva®, Viramune®, Intelence®, Edurant® und Isentress® raus, weil bei ihnen eine einzige Punktmutation ausreicht. Aus den gleichen Gründen fallen die Zweifachkombinationen dieser Substanzklassen raus: 1 NRTI + 1 NNRTI, 1 NRTI + 1 Integrase-Inhibitor oder 1 NNRTI + 1 Integrase-Inhibitor. Bleiben also nur die Klasse der Protease-Inhibitoren und die Zweifachkombinationen, egal aus welcher Substanzklasse mit einem (geboostetem) Protease-Inhibitor (PI) als Option.

    Eine PI-Monotherapie kommt für Dr. Arastéh nicht infrage, weil in den wenigen bisherigen Studien dazu ein Phänomen aufgetaucht ist (zum Teil auch höhere nachweisbare Viruslasten, ohne dass es möglich gewesen wäre, Resistenzmutationen zu finden), was bislang nicht verstanden ist, aber Bedenken auslöst. Damit bleiben laut Dr. Arastéh folgende Kombinationen: PI plus ein NNRTI, PI plus Isentress® und PI plus Celsentri®, zu denen er im weiteren die vorhandenen Daten vorstellt.

    In der Studie ACTG-5142 war ein Arm Kaletra plus Sustiva® (die anderen Arme Kaletra® plus 2 NRTI und Sustiva® plus 2 NRTI). Dabei zeigte sich, dass im Zweifachkombinationsarm die Wirksamkeit nicht besser war, dafür aber die Nebenwirkungen (Erhöhung der Blutfettwerte) wesentlich deutlich ausgeprägter waren, als in den beiden anderen Armen. Das ist bezogen auf die Motivation der Vereinfachung paradox, nämlich die Langzeitfolgen der Therapie zu reduzieren und die Gesunderhaltung der Patienten zu steigern. Zu einer theoretisch sinnvolleren Kombination aus Reyataz® und Viramune® gibt es keine Studien.

    Die Kombination aus geboostetem Prezista® plus Isentress® hat in einer Pilotstudie (ACTG A5262) ein (vergleichsweise) höheres Therapieversagen mit einhergehenden Resistenzen gegen Isentress gezeigt. Eine große kontrollierte Studie (RADAR-Studie) läuft noch und die Ergebnisse sind für den August 2013 angekündigt. In der sehr kleinen SPARTAN-Studie wurde die Kombination aus geboostetem Reyataz® plus Isentress® mit der Kombination aus geboostetem Reyataz® plus Truvada® verglichen. Das Ansprechen auf die Therapie war im Zweifacharm suboptimal und ging mit einer relativ hohen Rate an Resistenzentwicklungen gegen Isentress einher. Dazu kam, dass im Zweifacharm deutlich mehr Reyataz®-Nebenwirkungen (Grad 4 Hyperbilirubinämie) auftraten. In der PROGRESS-Studie wurde an 206 Probanden Kaletra® plus Isentress® mit Kaletra® plus Truvada® verglichen. Hier waren die Raten des Ansprechens auf die Therapie vergleichbar. Wegen der relativ geringen Größe der Studie müsste sie mit einer höheren Anzahl von Patientinnen und Patienten wiederholt werden, um belastbare Aussagen treffen zu können. Darüber hinaus sind in der Studie nur wenige Patientinnen und Patienten mit einer Viruslast über 100.000 RNA-Kopien/ml eingeschlossen gewesen.

    Geboostetes Prezista® ist in zwei Studien (MIDAS, einer kleinen Pilotstudie an 25 Patientinnen und Patienten) und der noch laufenden MODERN-Studie in Kombination mit Celsentri® untersucht worden. Da die Pilotstudie viel zu klein für eine Aussage ist, wird man auf die Daten der MODERN-Studie warten müssen. Celsentri® wurde ebenfalls in Kombination mit Reyataz® untersucht. Auch diese Studie war eine kleine Pilotstudie, die eigentlich keine Aussage zulässt.

    Aus Gründen der verbesserten Therapietreue und Einnahmebequemlichkeit ist heute eine Therapievereinfachung nicht (mehr) notwendig und ein absurdes Argument. Es sind drei FDC-Präparate auf dem Markt: Atripla®, Eviplera® und in Kürze Stribild®. Weniger als einmal täglich eine Tablette geht nicht, eine Therapievereinfachung schafft in keinem Fall eine solche Einnahmebequemlichkeit.

    Aus Gründen geringerer Nebenwirkungen die Therapie zu vereinfachen, ist ein heute nicht mehr gültiges Argument. Nebenwirkungsmanagement spielt zu Beginn der Therapie eine gewisse Rolle, läuft die Therapie jedoch, tritt es völlig in den Hintergrund. Da aus seiner Sicht nur Protease-Inhibitoren für eine verantwortbare Therapievereinfachung infrage kommen, ist das Argument einer Vereinfachung aus Gründen der Nebenwirkungen und Toxizität paradox, denn es macht keinen Sinn, dann ausgerechnet die Substanzklasse einsetzen zu müssen, die aus internistischer Sicht die größten Probleme verursacht.

    Was aber zunehmend in den Vordergrund tritt, sind die Nebenwirkungen der HIV-Infektion selbst. Trotz Unterdrückung der Virusvermehrung laufen im Körper von HIV-positiven Menschen durch HIV initiierte Prozesse ab (systemische inflammatorische Prozesse), die diesen Körper schneller altern lassen, als ein HIV-Negativer altert.

    Als letztes Argument führt Dr. Arastéh an, dass mit einer Therapievereinfachung ein Verlust einhergeht. Nämlich der Verlust der Medikamentenpenetration ins zentrale Nervensystem. Dr. Arastéh stellt anhand des Letendre-Scores mehrere Kombinationen mit ihren Penetrations-Indizes gegenüber: Viramune® plus Kivexa® mit einem Score von 9, Atripla® mit einem Score von 7, im Vergleich zu geboostetem Prezista® plus Celsentri® mit einem Score von 6 und geboostetem Reyataz® plus Celsentri® mit einem Score von 5. Unter einer PI-gestützten Zweifachkombi ist das Gehirn möglicherweise weitaus weniger geschützt. Arastéh warnt, dass bei seinen Patientinnen und Patienten Gründe für Berufsunfähigkeiten kaum im internistischen Bereich lägen, sondern regelmäßig im Bereich hirnorganischer Leistungsstörungen.

    Dr. Arastéh resümiert, dass eine Therapievereinfachung mit einem Gewinn für die Verträglichkeit einhergehen könnte, aber dieser Gewinn unter Umständen ein Verlust an Verträglichkeit, virologischer Robustheit, von Einnahmekomfort und der Medikamentenpenetration ins zentrale Nervensystem gegenübersteht.

    PD Dr. Keikawus Arastéh, Auguste-Viktoria-Klinikum Berlin

  • Cornelia Benninghoven: Muss man nur die richtigen Studien kennen, um zu sagen, es lohnt sich doch, die Therapie zu vereinfachen?“Dr. Stephan: Nein, es ist nicht nur eine Frage der Studienauswahl. Wir haben mindestens eine Studie gemeinsam verwendet, die Daten und Ergebnisse aber unterschiedlich interpretiert. Es ist die Gretchenfrage, was unter einem geboostetem PI eine auf niedrigem Level nachweisbare Viruslast heißt. Ist das für die Patientinnen und Patienten schädlich oder wissen wir nicht, was es bedeutet? Handelt es sich um eine aktive Virusvermehrung in Bereichen des Körpers, in die PIs nicht gut eindringen können? Wenn das der Fall wäre, wäre das eine schlechte Nachricht. Es gibt Hinweise aus PI-Monotherapie-Studien, dass im zentralen Nervensystem eine Virusvermehrung stattfinden kann.

    Größere Studien zu dieser Frage laufen derzeit. Die Datenlage ist noch nicht so weit, dass wir eine abschließende Meinung haben können. Aber vielleicht ist es auch nur ein Laborphänomen. Vielleicht messen wir bei PI-Therapie nur Viruspartikel, die aber weder vollständig, geschweige denn infektiös sind.

    Dr. Arastéh kontert, dass, je schwächer die Argumente sind, desto mehr wird darüber spekuliert, was man denn da nachweist und plädiert für weitere, sorgfältige Studien zu der Fragestellung der Therapievereinfachung. Darüber hinaus ist er der Überzeugung, dass das, was derzeit gemacht wird, in zehn Jahren nicht mehr als richtig und gut gelten wird. Es wird halt immer auf dem Stand des aktuellen Nichtwissens behandelt. Er erinnert an die 1990er Jahre, in denen, auch von ihm selbst, sequenzielle Monotherapie in den Therapieempfehlungen propagiert wurde. Es ist nicht möglich, für die Zukunft eine sicherere Entscheidung zu treffen, weil wir einfach nicht wissen, wie die Entwicklungen laufen werden. Man kann Entscheidungen, auch wenn sie Auswirkungen auf und in die Zukunft haben, nur auf der Basis der heute verfügbaren Daten treffen.

    Aus dem Publikum werden Daten nachgefragt, die sich mit der Sicherheit und Wirksamkeit des Umstellens von zweimal täglich auf einmal täglich oder von „normaler“ Dreifachkombi auf FDC beschäftigen. Diese Studien, so Dr. Stephan, laufen derzeit noch. Das sei aber nicht sein Verständnis von einer Therapievereinfachung. Aus seiner Sicht kommt es hierbei darauf an, eine dauerhaft wirksame HIV-Therapie mit möglichst wenig Wirkstoff(en) hinzubekommen.

    Womit ein „Problem“ der Präsentationen deutlich wird: Die als Argumente benutzten Studien sind (bis auf ganz wenige Ausnahmen) keine Studien, in denen eine erfolgreiche, laufende HIV-Therapie umgestellt, vereinfacht wird, sondern es sind Studien an Menschen, die erstmals unter HIV-Therapie gesetzt werden. Es ist aber berechtigterweise anzunehmen, das ein Umstellen von einer erfolgreichen Therapie mit dem Ergebnis, die Viruslast unter der Nachweisgrenze zu halten andere (geringere?) Anforderungen etwa an die genetische Barriere einer Therapie stellt, als die Ersttherapie eines Patienten oder einer Patientin mit einer hohen Viruslast von über 100.000 RNA-Kopien/ml.

    Dr. Stephan spricht bei der Therapievereinfachung von einer „Nischenindikation“, nicht von einem allgemeingültigen Therapieansatz und zeigt sich überzeugt, dass es eine ganze Reihe Patientinnen und Patienten gibt, die davon profitieren können.
    Aus dem Publikum wird, vor allem unter dem Gesichtspunkt der Dosisreduktion, darauf hingewiesen, dass keine gewichtsadjustierten Dosisempfehlungen vorliegen und es an dieser Stelle sicherlich ein großes Erkenntnisinteresse seitens der HIV-Positiven gibt.

    Dr. Arastéh erweitert diesen Einwurf um die Frage nach geschlechtsspezifischen Dosierungen. Auch hier gibt es keine hinreichenden Daten oder entsprechende Dosisempfehlungen. Obwohl die Geschlechts- und Gewichtsproblematik hinreichend bekannt ist, wird aber aus Bequemlichkeitsgründen und natürlich auch aus Kostengründen nicht daran geforscht. Er ist der Überzeugung, wenn das gemacht würde und entsprechend dosiert würde, würde sich die ganze Problematik der Toxizität völlig anders darstellen. Derzeit gibt es seitens der Zulassungsbehörden bei HIV-Medikamenten noch keine entsprechende Verpflichtung der pharmazeutischen Hersteller.

    Dr. Arastéh erklärt, dass unterschiedliche Dosisstärken (auch bei FDC-Formulierungen) benötigt werden, um unterschiedliche Gewichtsklassen und Geschlechter adäquat dosieren zu können. Aus dem Publikum kommt der Hinweis, dass eine weitere Reduktion der Wirkstoffmenge auch darüber erreicht werden könnte, dass verstärkt an der niedrigsten wirksamen Dosis geforscht würde, anstatt mit der höchsten verträglichen Dosis zu arbeiten.

  • Gerade im letzten Teil der Diskussion wurde das Thema Therapievereinfachung zu dem Thema Individualisierung der Therapie in Bezug gesetzt. Therapievereinfachung würde unter diesem Gesichtspunkt nicht notwendigerweise eine Reduktion der Tablettenzahl heißen, wenn etwa aufgrund einer individuellen Dosisanpassung oder Reduktion der Dosis von einer FDC wieder auf die Einzelpräparate umgestellt werden muss.

    Die größte Errungenschaft der HIV-Therapie (und gleichzeitig auch die größte Herausforderung) ist, nicht mehr nur auf die kurze Strecke denken zu können (Sichern des Überlebens), sondern langfristig zu denken (was ist mit diesem Menschen in zwanzig, dreißig oder vierzig Jahren). Mittlerweile ist es sowohl für Ärztinnen und Ärzte als auch für Patientinnen und Patienten eine anstrengende Übung, trotz antiretroviraler Therapie alle Laborparameter über einen solch langen Zeitraum in einem relativen Normalbereich zu halten.